Der Schmied von Schillertswiesen brachte mit Helfern eine 100 Jahre alte Dreschmaschine wieder zum Laufen.
26. August 2020 14:54 Uhr
Zell.Dieser Tage trafen sich in der Schmiede von Andreas (Andre) Baumer einige Schillertswiesner, um die Räder der alten Dreschmaschine der Familie Reithmeyer, Losenhof, instandzusetzen. Das gut 100 Jahre alte Gerät, gefertigt von der Firma Epple und Buxbaum in Augsburg, könnte einiges erzählen, war es doch jahrzehntelang unterwegs und förderte wohl tausende Zentner an Getreide.
In den vergangenen Wochen trafen sich die Akteure, um die Holzräder aus Eiche zu restaurieren – eine Sisyphusarbeit. Die alten Holzteile wurden, soweit es ging, erhalten, schadhafte neu gefertigt. Nach intensiven Vorbereitungsarbeiten war es nun so weit.
Andreas Baumer, Jahrgang 1935, übernahm das Kommando und leitete die Helfer an. Baumer erlernte 1951 das Schmiedehandwerk bei der damaligen Firma Kerscher in Michelsneukirchen. Auch heute noch arbeitet der rüstige 85-Jährige noch in seiner Werkstatt und schmiedet aus Eisen Dinge, die sonst keiner mehr machen kann.
Komplizierte Eisenteile, die wohl kaum per Internet erhältlich sind, werden maßgenau mit altem Werkzeug angefertigt. Eisen ist Baumers Leidenschaft, niemand ist mit dieser Materie so vertraut wie der Andre. Sägeketten und Kreissägenblätter jeder Größe erhalten einen neuen Schliff bei ihm. Im angefachten Schmiedefeuer wurden die Eisenräder mit einer Temperatur von etwa 1200 Grad erhitzt; sie kommen wieder und wieder ins Feuer.
Das Eisenrad weitet sich aus, es wird dann in glühendem Zustand auf das vorbereitete Holzrad aufgezogen und mit heftigen Schlägen zurechtgeformt. Eine harte Arbeit, die jungen Akteure gerieten arg ins Schwitzen. Die Arbeiten wurden mit alten Werkzeug des Schmieds – zum Teil selbst gefertigt – erledigt.
Schaut man sich in der Schmiede um, fühlt man sich wie in einem Museum. Unbezahlbare Werkzeuge, Zangen, Klammern und verschiedene Lehren sind dort zu finden. Außerdem gibt es wohl so manches Werkstattgeheimnis, das eigentlich an die nächste Generation weitergegeben werden sollte. Wann ist das glühende Eisen schmiedefertig? Wann muss es aus dem Feuer? Jeder Schlag mit dem Hammer muss sitzen, um die Form und die Größe des Werkstücks exakt zu erreichen.
Fortschritt, Erbe und Weisheit umgeben Andre Baumer. Und man spürt, dass die Schmiede noch lebt und tagtäglich Schäden repariert werden oder aus Eisenteilen zum Beispiel ein neues Gartentor entsteht. Der Andre ist einer der Letzten seiner Zunft. Zahlreiche Bürger nutzen nach wie vor sein Können, vor Aufträgen kann sich der „alte Schmied“ – der doch noch recht jung geblieben ist – nicht retten.
Aber zurück zur Dreschmaschine: Diese ist nun voll funktionsfähig. Ihr letzter Einsatz war vor fünf Jahren beim großen Drescherfest in Schillertswiesen, wo sie einen Tag beim Schaudreschen eingesetzt war. (rsu)
August 26, 2020 at 07:54PM
https://ift.tt/3hvMkJz
In der Werkstatt des Andre Baumer - Region Cham - Nachrichten - Mittelbayerische
https://ift.tt/2YSeTtL
Werkstatt
No comments:
Post a Comment